Wenn das Herz nicht mehr schlägt

Ein Elternpaar musste sich nach 34 Wochen und zwei Tagen Schwangerschaft von ihrem Sohn Luis verabschieden. Sein Herz hatte einfach aufgehört zu schlagen. Heute – fast acht Jahre später – berührt und inspiriert Luis nach wie vor.

Vor acht Jahen. „… schließlich teilt uns die Ärztin mit, dass sie keinen Herzschlag feststellen kann. Wir verstehen diese Formulierung nicht. Die Ärztin wiederholt sich mehrere Male, wir verstehen immer noch nicht. Erst als sie uns wörtlich sagt, dass unser Kind nicht mehr am Leben und gestorben ist, scheinen wir irgendwie zu begreifen.“ 

Luis’ Mama hat damals aufgeschrieben, was und wie ihr Mann und sie die Tage erlebten, überlebten. Diesen besonderen Bericht durften wir bereits in der Ausgabe der Lebensfreude 01 / 2016 (Seiten 9–14) veröffentlichen. Er schildert sehr berührend diese Tage in Momentaufnahmen – Im Krankenhaus – Die Geburt – Zimmer 412 – Wir geben Luis frei – Luis, das Geschenk – Die Verabschiedung – Zu Zweit. 

Wir haben nachgefragt, wie es den Eltern von Luis heute geht, weil … Ja, wieso eigentlich? Weil keiner aus dem Team der Lebensfreude den Text vergessen hat, weil wir uns fragten, wie das Leben nach einem solchen Verlust weitergeht und wir Luis, stellver-
tretend für alle Sternenkinder, einen Platz geben möchten. 

Luis’ Mama hat uns geantwortet – dafür ein herzliches Danke – und sie erzählt, wie sehr das Sternenkind Luis präsent ist und strahlt.

Heute. Diese Zeilen hätte ich nicht ein Jahr nach dem Tod unseres Sohnes schreiben können. Auch nicht zwei oder drei Jahre später. Jetzt kann ich es aber tun. Die Geschichte ist auch für meinen Mann dieselbe, ich vermag mir die düsteren Nachtdienste meines Mannes in seiner Trauer kaum vorzustellen. Hier an dieser Stelle kann ich aber nur für mich sprechen. 

Dem Tod unseres Sohnes ging ein Jahrzehnt voraus, in der wir alles unternahmen, um ein eigenes Kind zu haben. In dieser Zeit lag ein Schatten über uns, und wir konnten nicht richtig froh sein. Der Tod von Luis setzte diesen Bemühungen einen unvermittelten Schlusspunkt. Im Nachhinein war das aber auch die Chance eines Neuanfanges für mich und meinen Mann. 

Die Zeit nach seinem Tod war davon bestimmt den Alltag zu überstehen, nicht tagtäglich in das tiefe Loch der Trauer zu stürzen und sich nicht im Gedanken Karussell zu verlieren. In dieser Phase wurde mir klar, dass ich meine Lebenszeit nicht für Dinge aufbringen möchte, die ich für nicht wichtig und richtig halte. Ich dachte auch, dass ich es meinem verstorbenen Kind schuldig bin, mein Leben zu schätzen und das Bestmögliche daraus zu machen. Luis und viele andere konnten dies leider nicht. Ich weiß nicht wie, aber schrittweise entstand eine Stärke und ein Urvertrauen, dass alles sich fügen würde. Ich hatte und habe auch heute immer noch keine Angst, so nach dem Motto „was soll mir schon passieren“. 

Ein geliebtes Kind zu verlieren und diese Situation annehmen zu müssen war sehr schwer. Mein Umgang mit dem Tod ist nun eine anderer. Begreifen kann ich ihn immer noch nicht. Ich weiß jetzt, dass Trauer nichts mit Schwäche zu tun hat und aus einem Schockzustand heraus eine Stärke entstehen kann, die ich nicht für möglich hielt. 

Mittlerweile habe ich den Beruf gewechselt, eine Ausbildung im Gesundheitswesen gemacht und bin heute selbständig. Ich arbeite mit Menschen und lerne jeden Tag dazu. Wir haben ein Pflegekind aufgenommen und durften nun doch noch in eine Elternrolle schlüpfen. Jeder Tag ist ein Geschenk und wir schätzen unser Leben sehr. Tiefe Liebe und Dankbarkeit erfüllen mich, wenn ich an meinen Sohn denke. Luis ginge heute bereits in die Schule. Er ist immer in unserer Mitte und wir feiern jedes Jahr
seinen Geburtstag.
Stop

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