In einer ersten Reaktion auf die mündliche Verkündung des Verfassungsgerichtshofs zur straflosen Möglichkeit der Beihilfe zur Selbsttötung stellt der Obmann der Hospiz-Bewegung Salzburg Karl Schwaiger fest:
„Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden und dies ist zu akzeptieren, auch wenn das Urteil nicht mit der persönlichen Meinung zur Thematik übereinstimmt und die Hoffnung auf einen anderen Wahrspruch groß war. Umso wichtiger ist es, die Hospiz- und Palliativversorgung im Bundesland Salzburg zügig auszubauen und durch ausreichende öffentliche Finanzierung sicherzustellen. Das ist eine klare Forderung an die Bundesregierung, die dieses Vorhaben der Regelfinanzierung der Palliativ- und Hospizversorgung bereits mehrfach im Regierungsprogramm festgeschrieben hat! Jetzt ist es wichtig, dass diesbezüglich endlich Taten folgen!“
„Diese Angebote müssen flächendeckend und bedarfsgerecht zur Verfügung stehen. Wichtig ist gerade jetzt nach diesem Urteil, dass keine Hürden für die Inanspruchnahme der wichtigen Leistungen der Hospiz- und Palliativangebote vorhanden sind und dass sie wohnortnahe und ohne finanzielle Belastung der Betroffenen in Anspruch genommen werden können.“
„Noch immer sind die Angebote der Hospizbewegung Salzburg zu einem hohen Teil auf Spenden angewiesen. Die Regelfinanzierung für die Palliativ- und Hospizbetreuung für Kinder und Erwachsene muss für die Organisationen Planungssicherheit bieten.“
Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit sollen dabei unterstützen, Menschen noch besser über die Möglichkeiten der Betreuung am Lebensende zu informieren und ihnen die Angst vor Abhängigkeit, Autonomieverlust und Leid zu nehmen. Gerade die bereits bestehenden Möglichkeiten zur Wahrung der Autonomie von Patientinnen und Patienten am Lebensende durch Vorsorgedialog, Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung, sowie durch Hospizbegleitung und Palliativbehandlung, sind noch stärker ins Bewusstsein der Bevölkerung zu bringen. Kostenfreie Beratungen zur Errichtung einer Patientenverfügung oder einer Vorsorgevollmacht sind auszubauen.
Geschäftsführer der Hospiz-Bewegung Christof S. Eisl betont: „Jetzt gilt es, die Zeit zu nutzen, um die konkrete Gesetzgebung im kommenden Jahr so zu gestalten, dass sie der Gefahr der missbräuchlichen Entwicklungen entgegenwirkt. Wir erleben in der Hospiz- und Palliativarbeit, dass viele Suizidwünsche zeitlich begrenzt sind und sich durch entsprechende Begleitung und Betreuung verändern. Der Gefahr, dass Menschen sich zur Selbsttötung gedrängt fühlen, indem der gesellschaftliche Druck auf unterstützungs- und pflegebedürftige kranke, ältere und beeinträchtigte Menschen wächst, muss daher durch entsprechende rechtliche Regularien begegnet werden. Es ist darauf zu achten, dass sich niemand für ein Angewiesen sein auf Pflege und Unterstützung rechtfertigen muss. Hier gilt es Sensibilität zu entwickeln und die Berufsgruppen im Gesundheits- und Sozialwesen fachlich in Palliative Care auszubilden. Es darf aus dem Recht auf Beihilfe zur Selbsttötung keine wie immer geartete Verpflichtung zur Mitwirkung zur Selbsttötung entstehen. Auch gelte es, der Möglichkeit einer schleichenden Ausweitung auf Patient*innen, die nicht danach verlangen, mit einem wachen Blick entgegenzutreten.“
„Die Erfahrung der letzten Monate im Umgang mit der Pandemie hat das Thema des Sterbens ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit gerückt. Gerade hier haben die politischen Entscheidungen gezeigt, wie wichtig Solidarität und Achtsamkeit für die Gesundheit der Schwächeren unserer Gesellschaft die Mithilfe aller bedarf. Doch neben dem Fokus des bloßen Überlebens gilt es die Aufmerksamkeit wieder stärker auf das gute Leben und die Lebensqualität zu richten. Dazu ist die umfassende Integration von Hospizkultur und Palliative Care in Senioren- und Pflegeeinrichtungen, Tageseinrichtungen, Hauskrankenpflege, Krankenhäusern, Einrichtungen für Kinder- und Jugendheilkunde und Versorgungseinrichtungen für Menschen mit Behinderung dringend erforderlich. In all diesen Einrichtungen wird hervorragende und wichtige Arbeit geleistet und wir sind alle gefordert, um den Herausforderungen mit Sterben, Tod und Trauer auch angemessen begegnen zu können. Wir dürfen nicht müde werden dazu beizutragen, dass die letzte Lebenszeit eine wertvolle Zeit ist und durch gelungene und positiven Betreuung auch erfahren werden kann.
Karl Schwaiger: „Wir setzen uns in der Hospiz- und Palliativbewegung mit aller Kraft, allem Mitgefühl und allem Fachwissen dafür ein, sterbende Menschen und die ihnen Nahestehenden auch am Lebensende bestmöglich bis zuletzt zu begleiten, so dass der Wunsch nach einem selbst herbeigeführten Tod erst gar nicht entsteht.“
Mag. Karl Schwaiger, Obmann, und MMag. Christof S. Eisl, Geschäftsführer Hospiz-Bewegung Salzburg